Durch nachhaltige Produkte und Dienstleistungen können sich Unternehmen auf dem Markt besser positionieren und Wettbewerbsvorteile erzielen, wobei sie selbstverständlich ein berechtigtes Interesse daran haben, ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten zu kommunizieren. Jedoch wird „Nachhaltigkeit“ häufig unterschiedlich ausgelegt, sodass solche Aussagen auf den Endverbraucher schnell missverständlich oder sogar irreführend wirken können. Ob „klimaneutraler Versand“, „umweltfreundliche Verpackung“ oder „nachhaltige Produktion“: Umweltaussagen sind längst Teil vieler Marketingstrategien. Doch Achtung: Was gut gemeint ist, kann schnell zur rechtlichen Falle werden.

Mit der geplanten Green Claims Directive möchte die EU einheitliche Vorgaben für die Nutzung von Umweltbehauptungen (Englisch: Green Claims) zu Werbezwecken schaffen und Greenwashing zu unterbinden. Aktuelle Gerichtsurteile in Deutschland zeigen, dass Unternehmen ihre Umweltaussagen unbedingt auf den Prüfstand stellen sollten.

In diesem Beitrag erfahren Sie:
  • Welche aktuellen Entwicklungen es zum Thema Greenwashing gibt.
  • Welche Bestimmungen die neue europäische Green Claims Richtlinie zu dessen Vermeidung vorsieht.
  • Worauf Sie und Ihre Marketingabteilung bei Werbepraktiken insbesondere achten sollten.

Greenwashing im Visier: aktuelle Urteile als Weckruf

Zunächst lohnt sich ein Blick auf die jüngste Rechtsprechung. Denn Gerichte greifen bereits heute hart durch, wenn Unternehmen irreführend mit Umweltvorteilen werben – und das betrifft nicht nur Großkonzerne!

  1. BGH: Werbung mit „klimaneutral“ nur mit Erklärung zulässig
    Im Juni 2024 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass der Begriff „klimaneutral“ ohne konkrete Erläuterung in der Werbung unzulässig ist. Ein Hersteller, der ausschließlich auf CO2-Kompensation setzte, wurde wegen Irreführung verurteilt (BGH, Urteil vom 27. Juni 2024 - I ZR 98/2).
  2. Adidas-Urteil: Klimaneutralitätsziele müssen transparent sein
    Im März 2025 untersagte das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth Adidas die Werbung mit dem Ziel „klimaneutral bis 2050“, da der Weg dorthin nicht klar kommuniziert wurde (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 25. März 2025, Az. 3 HK O 6524/24).
  3. Bußgelder auch für Finanzdienstleister
    Selbst in der Finanzbranche wird Greenwashing teuer: Die Deutsche-Bank-Tochter DWS erhielt 2025 von der Frankfurter Staatsanwaltschaft ein Bußgeld von 25 Mio. Euro wegen irreführender ESG-Angaben (Handelsblatt, Staatsanwaltschaft verhängt Millionenbußgeld gegen DWS, 02.04.2025).

Was bedeuten diese Urteile für den Mittelstand und KMU?

Auch wenn die mediale Aufmerksamkeit meist großen Unternehmen gilt, gelten dieselben Grundsätze für den Mittelstand: Wer mit Umweltvorteilen wirbt, muss diese klar, transparent und belegbar machen – sonst drohen Abmahnungen, Bußgelder und Reputationsschäden.

EU-weite Regeln gegen irreführende Nachhaltigkeitsaussagen

Ein „Green Claim“ ist eine umweltbezogene Aussage, welche suggeriert, dass ein Produkt, eine Dienstleistung oder ein Unternehmen umweltfreundlich oder weniger schädlich für die Umwelt ist als andere.

Die Green Claims Directive bringt ab voraussichtlich 2026 einheitliche Vorgaben für Umweltwerbung in der EU. Ziel ist es, Verbraucherinnen und Verbraucher vor irreführenden „grünen“ Aussagen zu schützen und faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Eine Studie der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2020 ergab, dass 53,3 % der untersuchten Umweltaussagen in der EU vage, irreführend oder unbegründet waren, und 40 % der Aussagen waren völlig unbelegt.

Kernanforderungen der geplanten Richtlinie:
  • Belegpflicht: Jede Umweltbehauptung muss wissenschaftlich fundiert sein.
  • Externe Prüfung: Green Claims müssen durch unabhängige Stellen verifiziert werden.  
  • Verbot von Pseudo-Labels: Nur noch zertifizierte Umweltsiegel sind erlaubt.
  • Transparenz: Allgemeine Aussagen wie „umweltfreundlich“ oder „klimaneutral“ sind ohne nähere Angaben künftig verboten.

Negativbeispiele irreführender Umweltwerbung

Häufig fehlt Unternehmen das Bewusstsein für die rechtlichen Risiken von Umweltwerbung. Die Aussagen werden zwar nicht absichtlich falsch getätigt, können jedoch zu rechtlichen Konsequenzen führen.

So sollten Sie für Ihre Produkte nicht werben:
  • „Unser Produkt ist klimaneutral“: keine Erklärung, ob dies Reduktion oder Kompensation erzielt wird
  • „Nachhaltige Verpackung“: unklar, worauf sich „nachhaltig“ bezieht
  • „Umweltfreundlicher Versand“: keine Angabe zu eingesparten Emissionen

Handlungsempfehlungen für Mittelstand und KMU

Auch wenn die Green Claims Directive noch nicht in Kraft ist, sollten KMU jetzt aktiv werden:

a) Umweltbehauptungen inventarisieren

Listen Sie all Ihre Green Claims in Werbung, Website, Social Media und auf Verpackungen auf.

b) Belege sichern

Hinterlegen Sie jede Aussage mit klaren, aktuellen Nachweisen (z. B. Ökobilanzen, CO2-Fußabdruck von Produkten (PCF), Zertifikate).

c) Marketing sensibilisieren

Schulen Sie Ihre Teams im Umgang mit Begriffen wie „klimaneutral“, „nachhaltig“ oder „umweltfreundlich“ und führen Sie entsprechende Compliance-Prozesse ein.

d) Externe Expertise nutzen

Lassen Sie kritische Aussagen von Nachhaltigkeitsexperten prüfen – eine Investition, die teure Abmahnungen vermeidet.

e) Auf anerkannte Labels setzen

Nutzen Sie etablierte Umweltzeichen wie das EU-Ecolabel oder den Blauen Engel.

Belegen Sie Ihre Green Claims

Ökobilanzen (Life Cycle Assessments, LCA) gemäß ISO 14040/14044 stellen eine zentrale Methode dar, um wissenschaftlich fundierte Nachweise für Umweltbehauptungen zu erbringen. Die Green Claims Directive fordert ausdrücklich, dass derartige Aussagen auf anerkannten wissenschaftlichen Methoden basieren – hierbei gilt die LCA als etabliertes Standardinstrument. Sofern sich Ihre Aussagen ausschließlich auf Klimaschutzaspekte beziehen, kann auch die Erstellung eines Product Carbon Footprints (PCF) nach ISO 14067 eine geeignete und effizientere Alternative darstellen.

Sie möchten eine wirksame und glaubwürdige Vermarktung ihrer Produkte entwickeln oder Ihre ökologischen Bestrebungen belegen und damit aktiv für Werbezwecke nutzen? Wir unterstützen Sie gerne dabei – von Schulungen bis zur Verifizierung und praxisnaher Umsetzung. Sprechen Sie unsere Experten für Nachhaltigkeitsberatung gerne an – wir beraten Sie bedarfsorientiert und pragmatisch.

 

Text: Olga Schmidt

Dr. Denise Ott

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Dr. Denise Ott

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Seit 2018 bin ich bei EurA als Nachhaltigkeitsberaterin tätig und verantworte seit 2020 den Dienstleistungsbereich mit derzeit 12 Mitarbeitenden. Parallel leite ich unsere seit 2024 akkreditierte Prüfstelle für Treibhausgasbilanzen und unterstütze als GHG-Gutachterin (EU Innovation Fund) sowie Expertin bei Green-Assist (EU LIFE) die Entwicklung nachhaltiger Investitionsprojekte. Nach meinem Chemiestudium an der Universität Jena promovierte ich im Rahmen eines DBU-Stipendiums zur Implementierung von Nachhaltigkeitskriterien in Forschung, Entwicklung und Lehre. Als Postdoc lag mein Fokus auf der ökologischen Bewertung chemischer und pharmazeutischer Prozesse. Nachhaltigkeit entlang des gesamten Lebenswegs von Produkten, Prozessen und Innovationen zu begleiten – von der Idee bis zum Markteintritt – gibt mir das Gefühl, Gutes zu bewirken. Ich schätze den inspirierenden Austausch mit Kunden und Partnern sehr. Privat bin ich gern in der Natur, lese oder genieße kulinarische Spezialitäten.
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